David Baldacci ist einer meiner liebsten Thriller-Autoren. Bei „Zero Day“ hätte er mich unterwegs fast verloren. Doch am Ende konnte er mich zurückgewinnen.
„Zero Day“ wird dann schließlich doch noch ein richtiger Thriller, ein bisschen wie drei Folgen 24 als Buch. Aber dafür braucht David Baldacci diesmal rund 200 Seiten Anlauf. Wir lernen Drake kennen, ein verschlafenes Nest in West Virginia, in dem ein halbes Dutzend Menschen ermordet worden sind. Und wir lernen es intensiv kennen, viele einzelne Figuren und das Leben im Ort. Oder das, was davon übrig ist in diesem Landstrich, der vom Kohletagebau lebt – oder besser: daran langsam zugrunde geht. Außerdem tauchen wir intensiv ein in das Innenleben des Protagonisten John Puller. Der ist Soldat, Ermittler und der einzige, der auf die Mordserie angesetzt ist.
Baldaccis Vorteil: Er kann auch die Passagen, in denen die Handlung nicht wirklich voran und der Ermittler einem Ergebnis nicht näher kommt, gut lesbar schreiben. Atmosphärisch verdichtet, nah an den Figuren. Trotzdem wurde mir das fast zu viel, ich war kurz davor, „Zero Day“ unfertig gelesen wegzulegen. Zum Glück nahm die Geschichte dann Fahrt auf. Aus den rätselhaften Morden an einem Militär, seiner Familie und seinen Nachbarn entwickelt sich endlich das im Klappentext versprochene Komplott. Das wird rasant, explosiv, emotional. Hintenraus also endlich ein Pageturner, den ich nachts um drei nicht mehr aus der Hand legen will.
Doch da rächt sich dann, dass Baldacci vorne so viele Seiten vergeudet hat. Hier wird die Handlung zu sehr verdichtet, ein paar Wendungen kommen zu überraschend, plötzlich liegt die Lösung auf dem Silbertablett vor uns. Das Ende hätte 100 Seiten mehr vertragen, die der Autor vorne hätte sparen können.
Fazit: Lesenswert für Thrillerfreunde, aber kein Muss.
David Baldacci, Zero Day. Heyne-Verlag, ISBN 978-3-453-26906-4, 19,99 €. Share on Facebook