Es geht um das mögliche Ende der Menschheit. Vor dem hat der berühmte Physiker und Philosoph Stephen Hawking 2014 gewarnt. Falls es den Menschen gelingt, wirklich echte künstliche Intelligenz zu entwickeln.
Darum geht es in „Das Erwachen“ von Andreas Brandhorst. Und was erwacht da? Das Netz erwacht. Also all die Computer und Prozessoren, Chips und digitalen Helferlein, die unser Leben einfacher machen sollen. Und von denen wir manchmal das Gefühl haben, dass sie unser Leben schon bestimmen. Dieses Gefühl denkt das Buch weiter. Denn Vernetzung an sich, die künstliche Intelligenz schafft, ist noch nicht das Problem. Aber wenn dieses Netz sich seiner Macht bewusst wird, wenn es ein Selbstbewusstsein entwickelt – dann haben wir Menschen ein echtes Problem, denn wir verlieren die Kontrolle.
Computervirus vernetzt alles
Auslöser für dieses „Erwachen“ ist der Hacker Axel Krohn in Hamburg. Er setzt ein Computervirus frei, das die Vernetzung der Rechner in Gang setzt. Das macht er aber nicht absichtlich, denn er ist wirklich einer der besten seines Fachs. Und als er merkt, was er getan hat, will er das Virus aufhalten, die Vernetzung stoppen – man kann sagen: Er will das, was da erwacht, wieder schlafen schicken.
Die Menschen bemerken, wie nach und nach alles Digitale seinen Dienst versagt, weil es damit beschäftigt ist, sich selbst stärker zu machen. Menschen verlieren ihre Telefone, Kraftwerke und Wasserversorgung, ihre Autos, die Medien – eigentlich die komplette Infrastruktur, die ihnen das Leben ermöglicht. Das macht es übrigens auch denjenigen, die die Welt retten wollen, schwer: Denn wenn nichts mehr geht, dann kommte man nicht mehr so einfach von Hamburg nach Rom. Da liegen abgestürzte Flugzeuge im Weg. Panische Menschen wollen ein vollgetanktes Auto entern, weil ihre keinen Sprit oder Strom mehr haben. Und dann noch der Schnee, der mitten im August gefallen ist. Und niemand hat Winterreifen.
Roadmovie mit Klimawandel
Das sind – bei aller Technik – auch sehr handfest spannende Passagen des Buches – Roadmovie mit Klimawandel in einer nahen Zukunft. Wo Verbrennungsmotoren etwas Besonderes sind, Gesichtserkennung und Drohnen nicht mehr.
Die Welt retten will unter anderem der Hacker Axel Krohn, mit Hilfe von Giselle. Dann sitzt in Rom eine Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, denn die Gefahr für alle sorgt dafür, dass Politiker ihre üblichen Scharmützel für einen Moment vergessen. Zudem mischt die NSA mit. Und, um es spannend zu machen, ziehen natürlich nicht alle an einem Strang. Meine Lieblingsfigur ist übrigens ein italienischer Unterstaatssekretär, ein Sottosecretario, der sich sehr unterhaltsam aufplustert, aber leider einmal zu viel befördert wird.
Hoffentlich nicht zu realistisch …
Und wie realistisch ist das alles? Schon vor Erscheinen des Buches hat der Autor in Foren mit Informatikern diskutiert, die sagen: „So etwas geht nicht. Programme können nur das abarbeiten, was der Programmierer ihnen reingeschrieben hat.“ Andere widersprechen. Letztlich können wir noch gar nicht wissen, wer am Ende Recht hat. Aber darüber nachzudenken und zu lesen, ist allemal spannend.