„Das Kartell“ von Don Winslow. Ein Roman ganz nah an der Wirklichkeit. Thema ist der Drogenhandel in Mexiko, der Krieg der Kartelle untereinander und wie deren Geld die ganze Gesellschaft durchsetzt, ja zersetzt. Harter Stoff, den ich für WDR 2 empfehlen durfte:
Story
Es geht um den mexikanischen Drogenkrieg zwischen 2004 und 2012. Das Land ist aufgeteilt in Territorien verschiedener Gruppen, das sind die Kartelle. Da haben sie faktisch das Sagen, erpressen Schutzgelder, schmieren Polizei und Politik, transportieren ihre Drogen durchs Land über die Grenze in die USA. Doch die Bosse sind gierig, wollen mehr, bekriegen sich gegenseitig.
Schauplatz
Mexiko und die USA kurz hinter der Grenze. Nach Schätzungen von Konfliktforschern gehören mehrere Hunderttausend Menschen zu den Kartellen: militärische Gruppen, Killer, Schmuggler, Folterexperten … Und die haben in den letzten zehn Jahren ungefähr 70.000 Menschen getötet. Nicht nur ihresgleichen, sondern Frauen und Kinder, Journalisten und Politiker.
Hauptpersonen
Don Winslow hat sich einzelne Personen rausgegriffen und erzählt deren Entwicklung über die Jahre in kleinen Geschichten. Ganz wichtig sind der US-Drogenfahnder Art Keller und Adan Barrera, 2004 mächtiger Boss des Sinaloa-Kartells und gerade im Knast. Die beiden waren schon die Hauptfiguren im Vorgängerroman “Tage der Toten”, Winslows bislang größtem Werk. Und hier erzählt er ihre Geschichte weiter.
Nebenpersonen
Unterschiedlichste Figuren, mit denen man auf die eine oder andere Weise mitfiebert: mutige Journalisten, eine wunderbare, selbstlose Ärztin, ein Zwölfjähriger, der unbedingt Narco werden will – also Drogenhändler. Von denen gibts im Buch einige unglaublich widerliche, skrupellose Exemplare, die für Geld und Macht alle quälen und killen, die sich ihnen in den Weg stellen.
Härtefaktor
Sehr hart. Das wird schon alles sehr explizit beschrieben, da knabbern Sie beim Lesen keine Salzstangen. Aber das macht dieses Buch so echt und zeigt, wie ausweglos der von den USA ausgerufene Krieg gegen die Drogen ist. Ja wie lächerlich naiv.
Fazit
Ich begreife die Nachrichten jetzt besser. Mexiko ist so weit weg. Und zum Beispiel über diesen Gefängnisausbruch von Joaquin Guzman, El Chapo, der sich im Juli nen Tunnel aus dem Knast gegraben hat, hab ich gestaunt und ihn dann wieder vergessen. Aber genau dieser El Chapo ist das Vorbild für Adan Barrera, den Oberboss aus dem Buch. Und plötzlich blicke ich mit Hilfe der Literatur hinter die Nachrichten. Beginne, ein mir unbekanntes Land ein bisschen zu verstehen. Und das ist das Besondere an diesem Roman: Der ist so zwischen Sachbuch, Epos und Schlüsselroman. Sagen wir einfach Meisterwerk.
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