Vor zwei Jahren machte Marc Elsberg mit “Blackout” Furore. Einem Thriller um die Sicherheit und Angreifbarkeit unserer Energieversorgung. Jetzt setzt er sich in ZERO mit Datensammeln und der Vernetzung unseres Alltags auseinander. Ich habe ZERO für WDR 2 gelesen und besprochen:
“Zero” funktioniert auf mehreren Ebenen: Erstmal ist es ein Thriller. Es sterben Menschen: Einer wird von einem gesuchten Straftäter erschossen, einer kommt unter seltsamen Umständen ums Leben. Vielleicht ein Unfall… Und womöglich gibt es noch viel mehr ungeklärte Todesfälle. Versteckt in Statistiken. Denen will eine technikskeptische Journalistin auf die Spur kommen.
Da kommt Ebene zwei ins Spiel: “Zero” ist nämlich mehr als ein Thriller. Wir tauchen ein in “Big Data”. In das, was über uns alles gesammelt wird. “Zero” ist nämlich auch die Suche nach einer Guerilla-Organisation von Datenschützern – und die nennt sich eben “Zero”, also Null. Die macht mit Videos und spektakulären Aktionen aufmerksam auf die Gefahren der Vernetzung und des Datensammelns im Internet. Macht dabei auch vor dem Präsidenten der USA nicht halt – und sich damit mächtige Feinde im Weißen Haus und drumrum.
Bestandsaufnahme und Vision der vernetzten Welt
Wenn Ihnen da jetzt sofort Anonymous, Wikileaks und Edward Snowden einfallen: Das soll wohl auch so sein und ist sicherlich auch dadurch inspiriert. Denn das Buch ist – und damit bin ich bei der eigentlich großen Leistung des Autors – ein Debattenbeitrag zur Entwicklung unserer digitalen Welt. Gleichzeitig Bestandsaufnahme und Vision – wobei ich besser sagen sollte: Horrorvision! Das ganze rasant und ungemein spannend erzählt. Zwischen Erstaunen und Paranoia. Aber dabei immer hart an den Fakten, das liest sich alles nicht wie eine Utopie.
1984 2.0
Dabei bewegt sich Elsberg nah an George Orwells “1984”. Dem Roman, in dem Orwell uns die totale Überwachung durch Big Brother vorhergesagt hat. Eine kleine Elite überwacht den Rest des Volkes, nimmt ihm das Denken ab und sagt ihm, was es tun soll. Das war Orwell 1948. Jetzt sind wir 2014 und lassen uns freiwillig überwachen. Von Konzernen wie Google, Apple, Banken. Ganz abgesehen von der NSA, die wir ja auch irgendwie hinnehmen. Auf dieser Basis entwickelt Marc Elsberg die Idee von George Orwell weiter – deswegen ist Zero für mich sowas wie 1984 2.0
Denn letztlich geht es um die Frage: Wäre es möglich, dass wir uns ganz freiwillig von einer Elite fernsteuern lassen? Dass wir uns zum Beispiel von Apps auf dem Smartphone Handlungsanweisungen holen, statt selber zu denken? Und damit unser Leben optimieren – oder besser: optimieren lassen?
Es gibt für alles eine App
Es heisst ja schon heute: „Es gibt für alles eine App“. Das ist ja das Erschreckende. Das beweist nur, wie nah dieses Buch an der Realität entlanggeschrieben ist. Sie im Grunde nur ein Stück weitergedacht hat. Deswegen schafft “Zero” zweierlei: Zum einen will ich Seite für Seite weiterlesen. Der Engländer nennt solche Bücher sehr treffend “Pageturner”. Und zum anderen denke ich die ganze Zeit nach. Hinterfrage meine eigene Haltung, die eigentlich sehr technikfreundlich und App-affin ist…
Fazit: Der Österreicher Marc Elsberg legt nach “Blackout” wieder ein Buch vor, das es verdient hat, ein Bestseller zu werden: “Zero”.
Share on Facebook