Der Ungar leidet so schön – und Österreich schickt nen Wurst mit Bart.

Am 10. Mai singt Europa wieder um die Song-Krone. Wie stehen die Chancen für den deutschen Beitrag? Wie stark ist die Konkurrenz? Hier ist der ESC-Check 2014.

Diesmal als Teamwork. Als wir den Vorentscheid guckten und uns danach so durch die Videos der Konkurrenz klickten, beschloss Sven Dusza aus unserer Public-Viewing-Gruppe: Er schreibt diesmal mit. Herzlich willkommen, Sven, als Gastautor in diesem kleinen Blog!

Deutschland: Elaiza – Is it right

Christian: Schämen müssen wir uns für diesen Beitrag wahrlich nicht. Der ist modern, frisch, eingängig. Nicht abgestanden, kein wildes Gestampfe, kein dümmliches Schlager-Trallala. Elaiza, die Mädels-Band, die es erst seit 2013 gibt, macht Hoffnung: Denn mit jungen Talenten, unverbrauchten Gesichtern, Musikern mit nicht-routiniertem Spaß am Auftritt und Enthusiasmus für die Aufgabe haben wir durchaus Glück gehabt beim ESC. Wer kannte vor ihren Siegen schon Nicole oder Lena? Und wo wir grad von Nicole reden: Sängerin Ela wohnt, wie die „Ein bisschen Frieden“-Sängerin von 1982, im Saarland.

Sven: Manchmal bin ich froh, dass man nicht für sein eigenes Land voten darf. So bleibt mir ein Punkte-Urteil erspart. „Is it right“ hat es nicht auf Anhieb geschafft, sich in meinen Gehörgängen zu verfangen. Nach dem dritten Schnelldurchlauf war das Akkordeon, mit leicht osteuropäischem Klang, aber doch irgendwie drin. Ich bin gespannt, was Europa zu diesen unverbrauchten Gesichtern sagt.

Blicken wir also nun auf die Konkurrenz:

Albanien: Hersi Matmuja – Zemërimi i një nate

Christian: Dieses Gesicht! Dieser Mund! Eher Fratze mit viiiiiiel Gebiss. Und jammerndes Klagen, das ich nicht verstehe. Da hilft es auch am Ende nicht mehr, dass die Stimmung aufklart.

Sven: Nachdem Albanien in den letzten Jahren durchaus gefällige bis interessante Titel ins Rennen geschickt hat, enttäuschen sie in diesem Jahr umso mehr. Das erste Hören lässt sich in 3 Phasen gliedern:
1. Phase: Heraushören, um welche Sprache es sich handelt.
2. Phase: Man hat erkannt, dass es sich um eine Form von Englisch handeln muss. Nun fragt man sich, warum einem die unangenehme Stimme der Sängerin in Phase 1 nicht aufgefallen ist.
3. Phase: Man sehnt das Ende herbei.
Liebe Albaner, das war nichts. Das könnt ihr besser.

Armenien: Aram Mp3 – Not Alone

Christian: Hmm. Anders. Erst traurig, dann aggressiv. Aber im Ganzen dann doch irgendwie langweilig. Vergleicht man das mal mit Ungarn, kann es nicht mithalten. Der Interpret Aram Sargsyan ist „Entertainer der alten Schule“, schreiben die Kollegen bei eurovision.de. Damit hätte er vielleicht Wetten, dass..? übernehmen können, aber er wird nicht den ESC gewinnen. Auch wenn er derzeit der Favorit bei den Buchmachern ist. Und das ist oft ein deutliches Zeichen.

Sven: Buchmacher irren beim ESC nicht, und so hat dieser Titel viele sehr schöne Momente. Besonders das Instrumenten-Arrangement mit Streichern und Schlagwerken bleibt positiv im Ohr. Leider – so hört man – ließ sich der Interpret dazu hinreißen, sich despektierlich über die österreichische Künstlerin zu äußern. Das könnte Votes kosten.

Christian: Wenn das stimmt: Zurecht!

Aserbaidschan: Diralra Kasımova – Start A Fire

Christian: Start a fire: Schönes Motto, das sich die schwedischen Autoren des Songs ausgedacht haben. Nur dass Diralra die ganze Zeit das Streichholz nicht angezündet kriegt. Wenn sie kurz vor Schluss einmal leicht die Stimme hebt, schlaf ich längst. Das soll, hab ich gelesen, der Refrain gewesen sein.

Sven: Was will man da schreiben? Langeweile pur. Während der ersten Minute hat man noch die Hoffnung, dass der Titel Fahrt aufnimmt und einen mitreißt – aber nichts passiert. Es mag sein, dass sich manche Leute emotional angesprochen fühlen, ich bleibe jedoch vollkommen unberührt. Der nächste bitte!

Belgien: Axel Hirsoux – Mother

Christian: Laaaaangweilig! In Belgien sollen sie beim Vorentscheid geweint haben – das hätten sie als Zeichen ernst nehmen sollen, nach was anderem zu suchen.

Sven: Ein kräftiger Tenor, ein dramatischer Song, Emotionen im Publikum. Leider wollen diese Emotionen nicht so recht auf mich überspringen. Auch die audruckstanzende Mutter im Hintergrund ändert da wenig.

Dänemark: Basim – Cliche Love Song

Christian: Gute-Laune-Lovesong mit James-Bluntiger Stimme. Wird für Stimmung in der Halle sorgen. Geht auch sofort ins Ohr, und beim zweiten Refrain hab ich schon mitgesungen. Aber vom Hocker und uns zum Telefon hauen? Also mich nicht, die Wetter schon, nach Armenien und Schweden bei den Buchmachern ein Favorit. Skibbydibbydubb…

Sven: Erfahrungsgemäß möchte das gastgebende Land nicht direkt wieder gewinnen. Dieses Ziel dürfte Dänemark erreichen. Der Song geht schnell ins Ohr, ich kann ihn sofort mitsummen und fühl mich irgendwie wohl in der Melodie. Genauso schnell verschwindet die Erinnerung aber auch wieder nach dem letzten Ton. So hört sich das Mittelfeld an.

Estland: Tanja – Amazing

Christian: Einmal Eurodance, bitte! Wirklich beeindruckend, die Performance. Aber der Song ist einer wie tausend andere: geht fix in die Vollen, atmet vorm letzten Refrain einmal durch. Touched mich nicht, aber solide Arbeit.

Sven: Wirklich einer der Beiträge, zu denen mir nichts einfällt. Man hat das Gefühl, den Titel schon in hundert Variationen seit 20 Jahren immer mal wieder gehört zu haben.

Finnland: Softengine – Something Better

Christian: Mit der Frisur könnte Sänger Topi Latukka auch bei Hurts singen – aber das ist hier zweitrangig. So besonders und wiederekennbar wie die Songs der Briten ist diese Nummer von Softengine leider nicht. Eine Durchschnitts-Indierock-Nummer, die es vielleicht auf meinen iPod, aber nicht in mein Herz schafft.

Sven: Christian sieht Hurts, ich höre besonders am Ende Coldplay.
Vielleicht macht gerade das für mich den Radio-Charakter dieses Liedes aus. Ich würde den Sender bestimmt nicht wechseln, aber auch nicht im Nachhinein recherchieren, von wem dieser Titel ist.

Frankreich: Twin Twin – Moustache

Christian: Also erstmal sehen Schnurrbärte meistens echt scheiße aus. Und diese Hymne an den Schnörres klingt nicht viel besser. Dazu wird in der Dorfdisco am Rande der Provence wahrscheinlich gepflegt drei Minuten gezappelt, aber das isses dann auch. Au revoir!

Sven: Vielleicht liegt es an meinem dürftigen Bartwuchs, vielleicht an zuviel zweifelhafter ESC-Musik, die ich in den letzten Jahren gehört habe oder aber an meiner Jugend in Dorfdiscos (am Rande des Ruhrgebiets): Dieser Titel trifft genau in mein Trash-Zentrum. Wenn es nach mir ginge, wären die Franzosen am Ende auf einem der ersten fünf Plätze.

Georgien: The Shin & Mariko – Three Minutes To Earth

Christian: Am Anfang hab ich mich gefragt: „Tarzan? König der Löwen?“ Weitere Fragen: „Wo kommt die Frau her?“ (Antwort: Die gehört gar nicht zur Band, aber das georgische Fernsehen wollte zwei Acts schicken…, hab ich nachgelesen), „Wo will der Song hin?“ und „Ach, das war das Ende?“. Und über der ganzen Fragerei konnte ich gar nicht das Lied gut finden. Tut übrigens kaum einer. Bei den Buchmachern derzeit auf dem letzten Platz.

Sven: Was bitte ist das? Erst wird eine Runde gejodelt, dann kommt Shakira?! In meinen Ohren eins der unstimmigsten Lieder dieses Jahrgangs.

Griechenland: Freaky Fortune feat. Risky Kidd – Rise Up

Christian: Rap, Dance und ein paar Folklore-Klänge – die Jungs nehmen die Halle mit. Meine Ohren auch. Nicht in die Top-Ränge der Rangliste, aber da will ich mich bewegen, das will ich nochmal hören. Und das ist heute schon viel.

Sven: Gut, dass ich nicht in der Halle bin – MICH nehmen die Jungs so gar nicht mit.

Großbritannien: Molly Smitten-Downes – Children Of The Universe

Christian: Eine frische Singer-Songwriterin aus dem Mutterland der Popmusik: Das macht auf dem Papier erstmal Mut und Hoffnung. Und die Nummer hat tatsächlich Ohrwurm- und Hymnenpotenzial. Tempowechsel, Steigerung nach hinten. Das kann ich mir gut in der Rotation meines Lieblingsradios vorstellen. Und auf einem guten Platz in der Endabrechnung des ESC. Die Buchmacher sehen sie deutlich in den Top Ten.

Sven: Das Vereinigte Königreich verabschiedet sich also in diesem Jahr von der Idee, mit großen, internationalen Stars punkten zu können. Gut so, geklappt hat es ja nie. Ich habe mir die 25-minütige Präsentation des Titels im Internet-Livestream angeguckt. Was man da sieht, beeindruckt wirklich. Ein guter Song, perfekt in Szene gesetzt. Sollte die Inszenierung auf der großen Bühne Kopenhagens genauso funktionieren, darf die Insel sich über eine gute Platzierung freuen.

Irland: Can-linn feat. Kasey Smith – Heartbeat

Christian: Kommt ein bisschen schwer in Gang, die Nummer. Ist ein schön geradeaus erzählter Song, tut keinem weh. Aber begeistert auch nicht. Durchschnittspop. Schade. Dabei war Irland doch mal ESC-Großmacht (aber jetzt bitte nicht nächstes Jahr Johnny Logan nominieren!)

Sven: Wer hätte gedacht, dass man sich Jedward noch einmal zurückwünscht. So anstrengend diese Typen auch waren, man musste immerhin nicht gegen Langeweile und das Sandmännchen ankämpfen. Zum Glück wissen die Iren ja noch, wie sich die Plätze ganz hinten anfühlen.

Italien: Emma Marrone – La mia città

Christian: Also die Gitarren sind schonmal eher ESC-untypisch. Und dann diese Stimme, dieses Nannini-Timbre. Ich nenn das mal (voller Anerkennung) Italo-Rotz-Rock. Leider lässt der Reiz etwas nach, wenn die Überraschung nach anderthalb Minuten verflogen ist. Trotzdem Daumen hoch von mir!

Sven: Es gab Jahre, da fehlte dem ESC etwas. Es waren die Jahre, in denen Italien nicht im Teilnehmerfeld war. Seit der Rückkehr in Düsseldorf hat es wohl kein anderes Land geschafft, den Anspruch der Jury mit dem Geschmack der ESC-Gemeinde so kontinuierlich zu verbinden. In diesem Jahr gibt es für diesen kraftvollen Auftritt von mir 10 Punkte.

Island: Pollapönk – Enga Fordóma

Christian: Was kann man von ner Band erwarten, die heißt, wie ein Ikea-Sofa? Nix. Und das halten sie auch. Auch wenn es hier um Toleranz und gegen Diskriminierung geht und die Band in Island voll die Helden für Kinder und Erwachsene sind: Ich seh da eine Unsinn-Nummer in bunten Anzügen.

Sven: Island. Das Land der großen Balladen. Und nun das. Ein Lied, das wohl eher in die Kateorie Trash einzuordnen ist und sich auf ziemlich penetrante Art und Weise an Minderheiten ranwanzt. Nicht wirklich meins.

Israel: Mei Finegold – Same Heart

Christian: Großes Gefühl, geile Stimme. Seit Mitte März auf meinem iPod. Kraft und Tempo, Abwechslung und Reduzierung auf das Wesentliche. Israel ist mit diesem Beitrag ganz weit vorne dabei. Nur den Badeanzug aus dem Video sollte die gute Mei in Kopenhagen nicht anziehen…

Sven: Meine Damen und Herren, mein Gewinner dieses Jahres – Israel. Eine Stimme mit oft vermisstem Wiedererkennungswert, ein Titel, der sofort ins Ohr geht. Und nicht zu vergessen: eine Strophe auf Hebräisch. Spätestens mit eben jener Strophe hat mich der israelische Beitrag in seinen Bann gezogen. Israel: 12 Punkte

Lettland: Aarzemnieki – Cake To Bake

Christian: Ich kann ja mit Backware echt viel anfangen. Und dann kommt der Sänger Jöran Steinhauer auch noch aus meiner Heimatstadt Bochum! Aber schade, dass mir das Liedchen dann doch zu simpel und zu trallala ist.

Sven: Was ein süßes kleines Lied! Schon bei den ersten Tönen erwische ich mich beim Mitsummen. Sicherlich handelt es sich nicht um große Kunst – aber muss es das immer? Spätestens seitdem ich weiß, dass einer der Sänger ein Kind Bochums ist, gibt es Punkte von mir. Wieviele?! Das wird vom Liveauftritt abhängen.

Litauen: Vilija Matačiūnaitė – Attention

Christian: „Schrei mich nich an!“ war mein erster Gedanke ganz am Anfang des Songs. Und irgendwie blieb diese unfreundliche Grundstimmung. Der Song wirkt auf mich wie ein hyperaktives Kind, das nach Aufmerksamkeit schreit. Und das würd ich ja auch nicht mit Punkten belohnen.

Sven: Selten haben mich die ersten fünf Sekunden eines Songs schon so genervt wie in diesem Fall. Die restlichen 2:55 schaffen es dann auch nicht, die entstandenen Scherben aufzusammeln. Ich plädiere an das ESC-Volk: Erspart uns dieses Lied beim großen Finale!

Malta: Firelight – Coming Home

Christian: 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs ein Lied für alle die, die nicht nach Hause gekommen sind. Als folkige, ja fast Country-Nummer verpackt. Auf jeden Fall nicht einfallslos und mutig am Mainstream vorbeiproduziert.

Sven: Nach Christians Beitrag traut man sich ja gar nicht etwas Negatives zu sagen. Trotzdem liebe Malteser, ich werde nicht für euch anrufen.

Mazedonien (FYR): Tijana Dapčević – Tamu kaj što pripagam

Christian: Die junge Desiree Nick singt mit Ansätzen einer fast-Bonnie-Tyler-Stimme eine Rumms-Bumms-Disko-Nummer runter. Bitte weg damit im Halbfinale!

Sven: Es gibtLieder, die hört man, die findet man eher mittelmäßig und dann erwischt man sich dabei den Refain noch Stunden später zu summen. Bei diesem Titel ging es mir genau so. Ich kann es nicht erklären, aber er frisst sich in mein Gehör. Sollte es nicht nur mir so gehen, dürfte es ein paar Punkte geben.

Moldau: Cristina Scarlat – Wild Soul

Christian: Uhhhhh… duuuuster! Und dann ein Auftritt, der deutlich von Loreen inspiriert ist. Leider strahlt der Song nicht die Energie aus, die er bräuchte, um die Düsternis zu vertreiben.

Sven: Große Gesten, große Dramatik, großer Mist.

Montenegro: Sergej Ćetković – Moj svijet

Christian: Jetzt mal alle melancholisch werden! Abschied und Aufbruch, Schicksal und Tragik – das verkörpern diese Balkan-Songs ganz oft, hab ich den Eindruck. Irgendwie ist die Melancholie da bei den Produzenten ins Studio fest eingebaut. Aber wenn ich mir die tollen Bilder aus dem Video wegdenke, bleibt auf der Showbühne nur noch das traurige Lied übrig. Und das kann nicht die Krönung des ESC-Abends sein.

Sven: Es war einmal das Jahr 2013. Island hatte ein melancholisches Lied, welches in Kombination mit einem kreativ produzierten Video einfach toll war. Sven war begeistert. Dann kam der große ESC-Abend. Eine große Bühne, großes Feuerwerk der Konkurenten und mittendrin ein kleines Liedchen, das einfach unterging. Genau so wird es in diesem Jahr leider Montenegro ergehen.

Niederlande: The Common Linnets – Calm After The Storm

Christian: Käse! Langweiliger.

Sven: Liebe Radio-Macher, bitte kommt nie auf die Idee, dieses Lied in einer regnerischen, windigen, kalten Nacht laufen zu lassen. Ich bekomme ja schon bei Sonnenschein Lust, zu diesem Lied vor den nächsten Baum zu fahren.

Norwegen: Carl Espen – Silent Storm

Christian: Titel fast wie der Beitrag der Niederlande. Aber diese Stimme geht ja durch Mark und Bein. SO ist man doch gerne mal traurig. Ich wünsch ihm viele Punkte.

Sven: Was macht diese Stimme mit mir? Ich bin schwer berührt und der Text tut dann sein übriges. Nachdem ich mich wieder gesammelt habe, gibt es Punkte von mir.

Österreich: Conchita Wurst – Rise like a Phoenix

Christian: Also irgendwie krieg ich Bartwuchs und roten Kussmund nicht zusammen. Ich muss die ganze Zeit diese seltsame Gestalt anstarren und über ihren Namen nachdenken und kann mich gar nicht auf die Musik konzentrieren.

Sven: Seit der Vorstellung des österreichischen Beitrags wissen wir: Das nächste Bondgirl kommt aus der Alpenrepublik und heißt Wurst. Conchita Wurst beeindruckt mit einem Song, der eines Bond-Films würdig wäre, einer Stimme, die dem Song mehr als gewachsen ist und einem Bartwuchs, wie James Bond ihn sich wünscht. Wie das Konzept Wurst beim ESC-Volk ankommt, wird wohl eine der spannenden Fragen des diesjährigen Contests sein. Alles ist möglich.

Polen: Donatan & Cleo – My Słowianie

Christian: Jaja. Folklore nervt. Mich zumindest.

Sven: Ja, Folklore nervt. Deswegen wundert es mich umso mehr, dass ich Feuer und Flamme für diesen Beitrag bin. Von mir gibt es Punkte, viele Punkte. Die genaue Anzahl hängt wohl von der Sprache ab, die nun letztendlich gesungen wird. Momentan kursieren drei Versionen. Eine polnische, eine englische und eine bilinguale. Fraglich bleibt auch, was mit der ganzen Butter passiert, die auf der Bühne geschlagen werden wird.

Portugal: Susy – Quero ser tua

Christian: Das hab ich so oder sehr ähnlich schon aus 20 Ländern 86 mal gehört. Ein bisschen Makarena, ein bisschen Disko, darüber ne bedeutungslose Gesangsschleife mit austauschbarer Stimme. Puhhh…

Sven: Portugal – kein anderes Land hatte in seiner ESC-Geschichte SO viele, SO unfassbar schlechte Lieder. In diesem Jahr sollte man nahezu froh sein, dass es nur eine belanglose Clubtanz-Nummer ist.

Rumänien: Paula Seling & Ovi – Miracle

Christian: Och süß, dieses Zinis, die da um die Tänzerin an der Seite rumfliegen 🙂 Und was als gefühlvoller Song losgeht, wird dann durch billigste Beats totgerummst. So eine Grütze!

Sven: Bekannte Gesichter aus Rumänien. Leider scheinen die beiden bereits beim ESC 2010 ihre ganze Kreativität verpulvert zu haben. Der diesjährige Beitrag wirkt etwas plump und einfallslos.

Russland: Tolmachevy Sisters – Shine

Christian: Pink. Zuckersüß. Windmaschine. Einfallsloses Musikplastik. Von ner geklonten Barbiepuppe vorgetragen. Dafür gibts höchstens Punkte von der Krim…

Sven: Als letztes Land hat in diesem Jahr Russland seinen Teilnehmer bekanntgegeben. Ein geplanter Vorentscheid wurde zunächst konsequent verschoben und dann ganz abgesagt. Nun also diese zuckersüßen Zwillinge. Die Gewinner des Junior ESC 2006. Nachdem die Melodie schon nach kurzer Zeit als „belanglos“ erkannt wird, kann man sich in der verbleibenden Dauer des Videos daran erfreuen, dass es in Russland eindeutig kein Glühbirnen-Verbot gibt.

San Marino: Valentina Monetta – Maybe

Christian: Maybe… könnte es dafür sogar Punkte geben. Die Nummer darf gerne das Halbfinale überstehen. Denn sie nervt wenigstens nicht. Auch wenn die Sandmalereien beim ESC schonmal besser waren.

Sven: Wann endlich hat Herr Siegel genug Krach für den ESC komponiert? Das letzte Jahr wäre doch ein würdiger Abschied gewesen. In einem Anflug geistiger Umnachtung hatte er einen Beitrag komponiert, der allgemein Anerkennung gefunden und sogar mir Punkte abgerungen hat. In diesem Jahr ist es leider wieder die gleiche Siegel-Grütze, die man seit Jahren kennt. Ich setze darauf, dass es San Marino auch in diesem Jahr nicht ins Finale schafft.

Schweden: Sanna Nielsen – Undo

Christian: Die schwedische Helene Fischer. Hübsche Ballade, die dieses Jahr das Melodifestivalen gewonnen hat – den Vorentscheid, der als nationales Event über Wochen Millionen begeistert. Da war Sanna, die ja nicht zum ersten Mal beim Song Contest dabei ist, deutlich eine der besten. Trotzdem hätte ich lieber Alcazar gesehen, die auch angetreten waren.

Sven: Das Melodifestivalen. Die Königin der Nationalen Vorentscheide. Es gab Jahre, in denen die musikalische Qualität der sechs Entscheidungsshows deutlich über der des ESC lag.
In diesem Jahr wurde nun also Sanna gewählt mit „Undo my sad“.
Moment mal: Undo my sad?! Klingt komisch, oder? Fanden die Schweden letztendlich auch, und so heißt es in der aktuellen Version nun „Undo my sad love“. Ob das die Sache besser macht? Ich weiß es nicht.

Schweiz: Sebalter – Hunter Of Stars

Christian: Aufgesetzt gute Laune in einem Tempo, das ich den Schweizern gar nicht zugetraut hätte. Moment mal: Hat der bei 1:01 wirklich gerade „Like a satellite“ gesungen und macht dann mit seiner Geige einen  auf Alexander Rybak? Copycat aus der Schweiz? Nee, danke.

Sven: Nein… also nein. Das ist nicht schön. Das nächste bitte.

Slowenien: Tinkara Kovač – Spet (Round And Round)

Christian: Kein schlechter Song, aber hängen bleibt er bei mir auch nicht. Belanglos.

Sven: Er kommt, erfreut kurzzeitig und geht wieder, ohne dass man ihn vermissen würde. Nicht gerade das, was man unter einem Gewinner-Song versteht.

Spanien: Ruth Lorenzo – Dancing In The Rain

Christian: Das Klavier im esten Teil nervt. Die Stimme ist toll. Auch die Brüche zwischendrin bauen Spannung auf, lassen mich immer wieder aufhorchen. Gute Nummer insgesamt.

Sven: Auch in diesem Jahr durfte ich einige nationale Vorentscheide verfolgen. Der spanische ist mir durch zwei Umstände im Gedächtnis geblieben: In keiner anderen Show gab es derart viele Schnelldurchläufe, und in keinem anderen Land wurde von Kandidaten und Moderatoren so viel geweint. Als Ruth Lorenzo die Bühne für ihren Auftritt betrat, hatte der Zuschauer das Lied schon sechsmal in Schnelldurchläufen gehört. Es verwundert deswegen nicht, dass es einem irgendwie direkt bekannt vorkam. Das Gefühl des Vertrauten könnte aber auch in Zusammenhang mit dem Jahr 2002 stehen. Damals stand eine gewisse Isabelle mit Dieter Bohlens Knallersong „Will my heart survive“ in der deutschen Vorrunde (http://www.youtube.com/watch?v=3UnUzsdsDso). Schon damals hat dieses Lied zurecht nicht gewonnen

Ukraine: Maria Yaremchuk – Tick-Tock

Christian: Ungefähr so ausdrucksvoll wie ein DSDS-Mottoshow-Auftritt.

Sven: Christians DSDS-Vergleich gefällt mir. Immerhin muss ich bei der Interpretin unweigerlich an Kim Gloss denken. Mehr kann man dazu einfach nicht sagen.

Ungarn: András Kállay-Saunders – Running

Christian: Kindesmissbrauch und häusliche Gewalt – starkes Thema für einen ESC-Song. Sehr intensiv und emotional umgesetzt. Die Musik und der Gesang erzählen auch denen die Geschichte, die den Text nicht verstehen. Der Titel berührt, noch stärker tut’s das Video. Und wenn man die Kommentare und Rankings in diesen Tagen liest, wird klar: Die Nummer kommt an! Was toll ist: mein Favorit.

Sven: Die Ungarn wagen in diesem Jahr Spannendes. Lässt sich die Party-Stimmung des ESC mit einem Lied über häusliche Gewalt vereinbaren? Meine Antwort wäre ein klares JA. Das Lied packt einen beim ersten Hören und wirkt nach.

Weißrussland: Teo – Cheesecake

Christian: Da wird der Diktator gesagt haben: „Mach mal was mit Käsekuchen, den ess ich so gerne. Und ne dralle Blonde sollte auch drin sein.“ Und sowas kommt dann dabei raus. Der Rest ist Schweigen.

Sven: Man hört sich durch 37 (nicht immer) wundervolle ESC-Teilnehmer, leidet spätestens seit „G“ wie Georgien unter Kopfschmerzen, und dann kommt so eine Käse zum Schluss. ‚Tschuldigung: Käsekuchen. Wer einmal nachvollziehen möchte, wie ein solcher Titel es zum ESC schafft, sollte sich die Mühe machen und sich den weißrussischen Vorentscheid ansehen. Ja, Cheesecake war tatsächlich das kleinste Übel. Beim finalen Voting habe ich offen gestanden kurz den Überblick verloren, und warum am Ende die Jury (die eigentlich schon Punkte vergeben hatte) noch einmal Herzen verteilt hat – es wird wohl nur der gütige Diktator wissen. Mit leicht modifiziertem Text wird nun also Käsekuchen in Kopenhagen besungen – drei Minuten Zeit, um sich über das Buffet der ESC-Party herzumachen.

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