Mehrere tragische Todesfälle, schräge Charaktere, eine Liebe ohne Happy-End – und doch ist „Zwischen allen Wolken“ ein wunderbares Sommerferienbuch.
Michael Gantenberg erzählt in seinem zweiten Roman die Geschichte einer Abiturientin auf einer kleinen Nordseeinsel. Da braucht man doch nicht 326 Seiten für, möchte man denken. Doch doch, wenn man so skurrile Verwandte hat wie Gesa und neben dem Abitur das Leben grad absurde Volten schlägt, dann sind 326 Seiten gerade genug.
Ihr Bruder stirbt und bleibt dennoch bei ihr, sie bekommt einen neuen Opa, Oma bekämpft als Wattfee zwischen Sand- und Mischwatt unerfüllte Kinderwünsche, Mutter entdeckt ihre mütterlichen Gefühle für eine Ente namens Jean-Pierre, Papa hält es nicht mehr aus, und Tante Nele hat ihre ganz eigene Art, auf der Ferieninsel Patienten zu aquirieren. Ein höchst unterhaltsames Gespann, das da auf Nördrum sein Dasein zwischen Strandkörben und Rührei zum Frühstück fristet. Und doch weit entfernt von Figuren-Holzschnitt à la Ohnsorg-Theater.
Mit welcher emotionalen Wärme, Liebe zum Detail und gewitzten Psychologie Gantenberg seine Figuren zeichnet: ein Lesegenuss zwischen Schmunzeln, lautem Lachen und trauriger Anteilnahme. Wie sich dieser erwachsene Autor weit jenseits der Pubertät einfühlt in die Gefühls-Zwickmühlen einer 18-jährigen, trauernden Verliebten, die mitten im Bio-Lernen-Abistress auch noch immer mehr Verantwortung für den Familienbetrieb bekommt, das beeindruckt. Dabei wird er nie gefühlsduselig oder kitschig, trifft immer den richtigen Ton.
„Zwischen allen Wolken“ von Michael Gantenberg ist im Fischer Verlag erschienen und kostet 14,95.
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